Sonntag, 18. Oktober 2009

Bei Haensel und Gretel


Ich habe eine neue Bestleistung zu vermelden. Gestoppte Zeit bei der Abwicklung aller Formalitaeten an der sambisch malawischen Grenze: 15 Minuten.
Dazu keinerlei Kosten fuer die Einreise nach Malawi. Da freut sich das Schwabenherz.
Ich bin also in dem Land angekommen, in dem sich Popstars Kinder kaufen. Zu Madonnas Ehrenrettung sei erwaehnt, dass sie hier mehrere Millionen Dollar in den Bau von Krankenhaeusern, Schulen und Waisenhaeusern investiert hat.

Motorradfahren in Malawi ist sehr meditativ. Auf guten Teerstrassen gleite ich genussvoll durch die huegelige Savannenlandschaft.

Raum und Zeit verlieren an Bedeutung, nur das lebhafte streetlife in groesseren Ortschaften reisst mich kurzfristig aus den Phasen der Entspannung. Ich geniesse die "Meditationsfahrten" so sehr, dass ich mal wieder unfreiwillig gegen Regel Nr. 1 verstosse:
Fahre niemals nachts Pisten in Afrika!
Es daemmert schon, als ich den Abzweig zur Luwara Forest Lodge erreiche. Eine schmale, vom Regen ausgewaschene Lehmpiste mit tiefen Furchen fuehrt oestlich in Richtung bewaldeter Haenge, hinter denen der grosse Malawisee liegen muss. Ich komme mehrfach von der Hauptpiste ab und ende in Sackgassen mit meterhoch stehendem Gras. Bin ich noch auf dem richtigen Weg?
Keine Ahnung, ich stelle mich mal darauf ein, dass ich irgendwo wild campen muss was mir recht unangenehm ist, da ich nichts ueber das wildlife in Malawi weiss. Es koennte Loewen geben, oder gar schlimmer Springboecke!
In der einbrechenden Dunkelheit erkenne ich schemenhaft, dass die Buesche zu beiden Seiten der Piste dichter und hoeher werden, bis ich schliesslich von dicht beinander stehenden Baeumen umgeben bin. Ich nehme den Geruch von Eukalyptusbaeumen wahr und sehe im Scheinwerferlicht der GS hohe Pinien. Die Vorstellung nachts durch diesen Wald zu fahren, nicht wissend wohin der Weg fuehrt, sollte mich eigentlich erschrecken. Sie tut es allerdings kaum. Im Gegenteil! In aufgekratzter , entrueckter Stimmung schleiche ich mit der treuen BMW durch den mystischen Zauberwald. Die Atmosphaere ist maerchenhaft wie bei Haensel und Gretel.

Nur dass sich hier Bernd und seine Monsterkuh verirrten, um spaeter in voelliger Abgeschiedenheit tief im Wald doch noch auf ein Hexenhaeuschen zu stossen:
Die Luwara Forest Lodge.
Hier erwartet mich nicht etwa eine mordlustige Hexe, sondern wieder mal besonders herzliche Menschen. Statt weiter umherzuirren und eine unruhige Campingnacht im Wald zu haben, finde ich mich in einer kleinen, urgemuetlichen und liebevoll dekorierten Gaststube wieder. Mit George dem Eigentuemer seinem Sohn James und Alan, einem Tabakfarmer am knisternden Kaminfeuer zu sitzen, erzeugt das heimelige Gefuehl schuetzender Geborgenheit.

Die ganze Idylle dieses abgelegenen Paradieses erschliesst sich mir am naechsten Morgen. In huegeligem Gelaende, umschlossen von dichten Pinienwaeldern, liegt das mit viel Leidenschaft renovierte Farmhaus. Allein die Aussicht von der Terrasse bietet genuegend "Entertainment" fuer einige Ruhetage. Der Blick reicht ueber einen maechtigen Feuerbaum zum See bis hin zu den 2.000ern des Viphya-Plateaus.





Hoch oben auf dem Feuerbaum ist ein Netz aus dicken Seilen gespannt. Jeden Morgen zum Sonnenaufgang klettere ich hinauf, mummle mich in den Schlafsack, starre im Netz liegend auf den See und geniesse den Anblick von Voegeln in schillernden Farben, die sich nah herantrauen, wenn ich mich nicht bewege. Unforgettable!

Nein, ich bin wirklich nicht im Schwarzwald! Und endlich mal wildlife, mit dem ich keine Probleme hab. Die Schosshuendchen Chakra und Leon, von mir auch DPS-System (Dogs-Positioning-System) genannt, da sie mich bei ausgedehnten Buschwalks sicher zurueck zur Lodge navigieren.

Sandra und Patrick, das Angestellten-Ehepaar mit soooo viel Herzlichkeit laden mich ein, ihren freien Tag zusammen zu verbringen. Ich erkunde mit Patrick die Gegend auf der BMW. Er ist Motorradenthusiast - deshalb wechseln wir uns mit dem Fahren ab. Wir besuchen Bekannte von ihm in einem abgelegenen Dorf. Laut dem Dorfchef war noch nie zuvor ein Motorrad im Dorf. Er nimmt sich viel Zeit mir das Leben im Dorf nahe zu bringen, zeigt mir wie und wo Ziegen und Huehner gehalten werden, wo Mais gelagert wird und wie er zu Maismehl verarbeitet wird.
Vielfaeltige Eindruecke und Gefuehle haben ich hier in die Seele gebrannt!






In der Luwara Forest Lodge zu landen war ein Glueckstreffer - Schwein gehabt eben. So wie er hier:

Viele Gruesse
Bernd






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