Freitag, 27. November 2009

Shoppingerlebnisse


Im Kasungu National Park sind 50 Wildhueter taetig; Viel zu wenige, um das Wildlife wirksam vor Wilderern zu schuetzen, zu mal die Scouts schon mal die Seiten wechseln und selbst die Flinte auf Elefanten, Bueffel, Antilopen und Zebras anlegen.
Die Population meiner Freunde, der Elefanten, ist dadurch innerhalb von 15 Jahren von 2.000auf aktuell ca. 150 zurueckgegangen.
Die relaxte Atmosphaere in der Abgeschiedenheit des Nationalparks mit dem exzellenten Blick auf den See, ist deshalb die verbleibende Hauptattraktion neben dem nur noch spaerlich vorhandenen Wildlife.
Das Salz in meiner Lodgesuppe ist jedoch der Kontakt mit den Gaesten. Da waere z.B. die Gruppe norwegischer Lehrer. Wer haette gedacht, dass Menschen aus dem Land in dem das Bier zu teuer ist und in dem im Winter die Sonne kaum zu sehen ist, so lustig sind.
In meinem fortgeschrittenen Alter bin ich vorsichtig im Umgang mit Superlativen. Ich kann mich aber nicht erinnern, jemals schon morgens um 6 so viel Spass gehabt zu haben wie beim morgendlichen GameDrive mit den Wikingern.
Viele Tiere hat die gut gelaunte Lehrerschaft dabei nicht vor die Linse bekommen - waere ja auch ein Wunder gewesen bei den 2,5 Stunden Dauergelaechter im Auto.

Nathalie, Kim, Sandra und Patrick sind mir in Malawi zu guten Freunden geworden. Wir sind staendig in Kontakt und schmieden gemeinsame Plaene. Es ist ne kleine eingeschworene Gemeinschaft entstanden. Die 4 haben mich fuer 2 Tage auf der Lodge besucht, an denen es viel zu erzaehlen und viel zu entdecken gab.



Bei so vielen guten Erlebnissen darf man auch mal seine ganze Groesse zeigen.

Einkaufen in der 250 KM entfernten Hauptstadt Lilongwe ist recht unafrikanisch. Die Shoppingliste kann ich in modernen Supermaerkten abarbeiten. Alles, einschliesslich der Kassiererinnen in roten Muetzen, ist seit Anfang November weihnachtlich dekoriert.
Spannender sind meine Kleineinkaeufe im Staedtchen Kasungu:
Ich zwaenge mich durch die schmalen Gassen des Marktes - Ein bunt zusammengewuerfelter Haufen von Bretterbuden mit allem was das Malawierherz begehrt:
Vor sich hin oxidierende Maschinenteile, Reifen, Schlaeuche, Fahrradersatzteile von Pedalen bis hin zu Bechern mit Kugeln fuer Kugellager in allen Groessen, Schuesseln, Toepfe, Obst, Gemuese, Suessigkeiten. Dazwischen verrichten Friseure auf offener Strasse ihr Handwerk, dicke Frauen kochen in fahrbaren Garkuechen das Nationalgericht Nsima (Maismehl). Tausende von Fliegen machen sich ueber die zu Bergen aufgetuermten Fische her und Huehner protestieren lauthals gegen ihre unwuerdige Behandlung - sie haengen kopfueber an den Verkaufsstaenden.



Ich bin vergeblich auf der Suche nach Duebeln. Fassungsloses Entsetzen macht sich auf den Gesichtern der Haendler breit. Es kann doch nicht sein, dass dieser M'zungu (Weissgesicht) etwas sucht, das wir nicht haben. Viel spaeter, ich stehe gerade in schwierigen Kaufverhandlungen fuer 3 Wischmops, rennt ein Bursche mit stolzgeschwellter Brust und einem Paeckchen Duebel auf mich zu - Na wer sagt's denn!
Einen Einkaufstag in Kasungu beende ich mit einem Bier in einer der einfachen Bars. Der Afrikaner als solcher ist recht laermunempfindlich. Entsprechend gibt's in allen Kneipen ne ohrenbetaeubende Droehnung mit afrikanischen Beats.

Die 60 KM Schotterpiste zurueck zur Lodge geht's dann nicht nur mit meinen Einkaeufen, sondern auch noch mit denen der Angestellten. Fuer die sind meine Einkaufsfahrten die einzige Moeglichkeit, selbst in der Stadt einzukaufen. Ein nach afrikanischer Art beladenes Auto sieht dann so aus:

Nicht sichtbar ist der Berg von Maismehlsaecken auf dem Dach und die Frau mit den beiden Kids auf dem Beifahrersitz!
In Sorge um die Blattfedern des Toyota habe ich darum gebeten, den Kaufrausch bei der naechsten Tour etwas zu zuegeln. Ergebnis:
Ich hatte zwar weniger Gepaeck, dafuer aber inklusive aller Verwandten die unbedingt noch mitgenommen werden muessen, 13 Leute!!! im Auto.
Viele Gruesse
Bernd
Transporte aller Art GmbH

Mittwoch, 25. November 2009

Neue Schuhe fuer Bernd


Erfolgreiche Politiker in Deutschland werden mit Macht und Einfluss belohnt. Das grosse Geld hingegen ist in der freien Wirtschaft zu machen. In Afrika werden den Spitzenpolitikern nach dem Ueberraschungseiprinzip gleich 3 Wuensche auf einmal erfuellt:
Macht, Einfluss und viel Geld. "Politiker" die sich durch Anwendung grausamer Gewalt um die Erfuellung der 3 Wuensche kuemmern sind keine Ausnahme. Diejenigen, die sich friedlicher Methoden fuer den Machterhalt bedienen, entwickeln dafuer mitunter recht skurrile Ideen.
Der fruehere malawische Praesident Muluzi versprach dem Wahlvolk je ein Paar neuer Schuhe fuer den Fall seiner Wahl (Ich haette ihn gewaehlt - meine Flipflops sind ziemlich ausgelatscht). Es hat funktioniert. Er wurde gewaehlt. Als neuer Praesident konnte er das Versprechen aber leider nicht einloesen, schliesslich wisse er die Schuhgroesse der 13 Millionen Malawier nicht!
Mit diesem Wissen bin ich gut geruestet fuer die naechste Bundestagswahl. Sollte Angie mir neue Schuhe versprechen, werde ich auf dem Stimmzettel sicherheitshalber meine Schuhgroesse mit angeben.
Dem aktuellen Praesidenten Bingu wurden fuer seine erste Amtszeit ordentliche Noten bescheinigt. Jetzt in der zweiten Amtsperiode hat die Korruptionskrake das Land fest im Griff. Auf wundersame Weise versickern die Fremdwahrungseinnahmen des Landes. Es fehlt deshalb derzeit an Geld fuer den Kauf von Oel (Der Kauf von 6 Gelaendewagen Hummer und einem Regierungsjet war wichtiger). Seit 2 Wochen ist Diesel nur auf dem Schwarzmarkt zu bekommen.
Die malawische Verfassung sieht maximal 2 Amtszeiten vor. Niemand zweifelt daran, dass Bingu eine Verfassungsaenderung anstrebt, die ihm eine weitere Amtszeit mit fetten Jahren ermoeglicht.
Es waere aber auch irrsinnig so einem Teufelskerl die Macht zu nehmen. Bingu kann einfach alles! Das ganze Land ist mit riesigen Plakaten zugepflastert auf denen er von seinen Heldentaten kuendet:
Bingu daemmt die Vogelgrippe ein, die es in Malawi nie gegeben hat. Er bekaempft erfolgreich Aids und vergisst zu erwaehnen, dass es die grossen Hilfsorganisationen fuer ihn tun oder er sorgt fuer den Bau von Strassen (mit dem Geld von IWF und Weltbank).
Banda, der erste Praesident Malawis nach der Unabhaengigkeit 1964, ist hochangesehen, obwohl auch er genuegend Dreck am Stecken hat:
Oppositionspolitiker starben bei mysterioesen Unfaellen, 100 Millionen US$ hat er sich fuer schlechte Zeiten auf Schweizer Konten zurueckgelegt. In einer vielbeachteten Rede entschuldigte er sich 1997, kurz vor seinem Tod, beim malawischen Volk fuer seine Verfehlungen - recht ungewoehnlich fuer einen Praesidenten des schwarzen Kontinents.
Auf dem Weg aus dem Park fahre ich regelmaessig an seinem ehemaligen Sommerpalast vorbei.

Ueber Elektrizitaet zu verfuegen ist keine Selbstverstaendlichkeit in Malawi. Auch auf der Lodge gibts nur stundenweise Strom vom Generator. Entsprechend richtet sich der Tagesablauf nach dem Sonnenlicht: Mit den Huehnern ins Bett und mit dem ersten Tageslicht aufstehen. Das ungewohnte fruehe Aufstehen wird mir mit nem spektakulaeren Blick ueber den See zum Sonnenaufgang entschaedigt.

Und dann war da noch dieses Geraeusch mitten in der Nacht. Irgendwas muss in meinem Appartement sein. Ein Blick aus dem Schlafzimmer macht aber klar, dass das Geraeusch von draussen kommt. Ich blicke durch das Fenster direkt in die Augen einer riesigen Elefantenkuh mit ihrem Jungen, die sich am frischen Gras um das Haus sattfressen. Sie sind zum Greifen nah. Ich oeffne das Fenster, die Elefantenkuh hebt den Ruessel und trompetet entruestet ob der Stoerung; ich erschrecke mich entsprechend. Aber dann scheint es sowas wie ne stillschweigende Uebereinkunft zwischen uns zu geben:
Lass einfach Deine Kamera mit dem bescheuerten Blitzlicht stecken und Du kannst uns in aller Ruhe beim Fressen beobachten. Genau das mache ich dann auch ausgiebig. Meine Guete, wie ich diese riesigen Viecher mit all ihrer Wuerde und ihrem beruehrenden Sozialverhalten ins Herz geschlossen hab.

Viele Gruesse aus dem warmen Herz Afrikas
Bernd
Schuhgroesse 44,5


Mittwoch, 18. November 2009

Bernd the bird-man


Vogelbeobachter sind Langweiler!
Es sind die Typen, die in khakifarbener Safaribekleidung (die Buegelfalten und der Seitenscheitel sitzen akkurat) mit Fernglaesern bewaffnet durch den Busch ziehen, um nen Blick auf ein Kraeuselhaubenperlhuhn (Guttera pucheroni) oder einen Floetenwuerger (Laniarius aethipicus) zu erhaschen. Abends erzaehlen sie bei einer Tasse nicht zu starkem Schwarztee von ihren aufregendsten Erlebnissen, wie z.B. der Beobachtung eines suedkongolesischen Doppelschwanzmadenhocker-Paerchens (Cojus Interruptus) beim Paarungsakt, oder sie ahmen zu vorgerueckter Stunde den Lockruf des gelbschwaenzigen Paradiesschnaeppers nach.
Die Regenzeit in Malawi hat fruehzeitig begonnen. Es regnet jetzt taeglich 2-3 Stunden. Die Elefanten sind seither nicht mehr oft am See um die Lodge herum zu sehen, da es jetzt genuegend andere Wasserstellen im Park gibt.
Ohne Elefanten fehlt es bei Walking-Safaris an Gespraechsstoff. Ich gleiche es dadurch aus, dass ich den Gaesten mehr von der reichlich vorhandenen Vogelpopulation erzaehle. Um mir das entsprechende Wissen anzueignen, sitze ich jetzt oft am See und beobachte das Federvieh. Dessen genaue Bezeichnung, Brutverhalten, typische Erkennungsmerkmale usw. schlage ich dann in schlauen Buechern nach.
Ich bin also zum langweiligen Vobelbeobachter mutiert, im Englischen "birdie", "birder" oder "birdman" genannt. Ich mach's einfacher und bezeichne mich jetzt als jemanden, der gut zu Voegeln ist.
Wie wichtig es zur Vermeidung von Missverstaendnissen doch ist, ueber ausreichende Kenntnisse der deutschen Gross-/Kleinschreibung zu verfuegen!

Die Lodgemanagerei bringt es mit sich, dass mir eine Haushaelterin zur Verfuegung steht. Mich nicht um den Hausputz und die Waesche kuemmern zu muessen, ist ungewoehnlich und deshalb durchaus eine Herausforderung, es als etwas Gutes annehmen zu koennen. Nach Ueberwindung solch anfaenglicher Scheu ist es aber recht angenehm :-) und bringt sogar viel Spass mit sich, seit die zurueckhaltende Mary etwas aufgetaut ist.
Wie alle Frauen hier, balanciert Mary problemlos schwere Lasten ueber weite Strecken auf dem Kopf. Meine klaeglichen Versuche dies auch zu tun haben schliesslich das Eis zwischen uns gebrochen. Sie haette mich aber mal besser nicht auslachen sollen!
So etwas spornt einen Motorradhelden zu Hoechstleistungen an und ich hab schliesslich nen Weg gefunden ihr bei Wettlaeufen mit Koerben auf dem Kopf zumindest ebenbuertig zu sein. Meine Methode schnell zu rennen, ohne dass der Korb vom Kopf faellt, wirkt sich leider noch etwas nachteilig auf die Sichtverhaeltnisse aus:

Ich arbeite daran!

Es sind meist die Reisenden die unscheinbar wirken und die leise Toene anschlagen, welche die abenteuerlichsten Geschichten zu bieten haben, die mich Baukloetze gross wie Elefantendung staunen lassen. So wie die Lodgegaeste Janet und Don. Die Englaender in karierten Golfhosen und Polohemden nehmen taeglich um 5 ihre "cup of tea" ein. Janet fuehrt die Teetasse mit abgespreiztem kleinen Finger zum Mund - eine Eleganz wie sie nur englische Ladies draufhaben. Sie beginnt jeden Satz mit "oh dear". Derselbige wird dann gewunden und sehr gediegen in die Laenge gezogen. Don wirft hier und da ein "yes, sweetheart" ein.
Die Prototypen konservativer und spiessiger Briten also. So weit die Vorurteile!
Tatsaechlich haben die beiden die meiste Zeit der vergangenen 30 Jahre in Afrika verbracht, darunter Jahre an Plaetzen die nicht gerade zu den Luftkurorten dieser Welt zaehlen, wie Lagos in Nigeria oder Ruanda zur Zeit des unfassbaren Genozids.
Angefangen hatte alles Mitte der 70er mit einer Reise um den Kontinent in einem VW Kaefer, inklusive einer zweimaligen Besteigung des Kilimandscharo. Die haarstraeubenden Geschichten dieser Zeit erzaehlen sie nur nach hartnaeckiger Nachfrage und beinahe widerwillig.
Britisches Understatement!
Viele Gruesse
Bernd, the birdman

Dienstag, 10. November 2009

Gedankenspiele


Schon mein Klassenlehrer Hausladen (der Name klingt auch 20 Jahre spaeter noch bescheuert) pflegte zu sagen: Bernd, Du denkst zu viel.
Jetzt, in den heissen Monaten des Jahres kurz vor Beginn der Regenzeit, ist es ruhig in der Lodge. Die Angestellten am Empfang, Kueche und Servicekraefte sorgen fuer eine reibungslose Betreuung der wenigen Gaeste. Mir bleibt genuegend Zeit, um ueber das Leben als Reisender in Afrika nachzudenken. Auch die Hippos haben alle Zeit der Welt, um ueber ihr faules Leben nachzudenken:

Ich las Berichte von Transafrikareisenden, die sich als Helden praesentieren. Sie zogen aus, um den Kontinent in einer ruhmreichen Schlacht auf ihren Motorraedern zu bezwingen. Andere rasen durch Afrika mit vollstaendiger Fokussierung auf das Reiseziel (meist Kapstadt). Jede ungeplante Verzoegerung unterwegs sorgt fuer Aerger und Verdruss. Ich habe daraus gelernt und sehe Verzoegerungen wie das stundenlange Anstehen an der einzigen Tankstelle die Benzin hat oder das tagelange Warten auf ein Ersatzteil (Landrovergetriebe), nicht mehr als Verzoegerung der Reise. Solche Ereignisse SIND die Reise und sie fuehren meist zu wertvollen Begegnungen mit Menschen. Wiederum andere reisen bedaechtig durch die Laender. Sie nehmen sich in aller Gemuetsruhe Zeit fuer Menschen, Wildlife und Landschaften. Malawi machte mich zum Angehoerigen dieser Reisegruppe.
Nicht mehr Urlauber zu sein, sondern im Land nen Job zu haben aendert Vieles. Der Schleier des exotischen, urspruenglichen, wilden Afrikas lueftet sich und macht einem normalen alltaeglichen Afrika Platz:
Die Herde Elefanten, die mir bei der Fahrt aus dem Nationalpark den Weg blockiert, wirkt nur wenig faszinierend auf mich, da ich ja zum einkaufen muss. Das wuselige Treiben auf den Strassen Richtung Lilongwe, wo Menschen alles moegliche Getier auf Raedern transportieren, Kids gebratene Tausendfuessler feilbieten, Frauen schwere Lasten kilometerlange Strecken auf dem Kopf balancieren, Leute buendelweise Huehner kopfueber an den Fuessen haltend zum Markt schleppen, wo Metzger ihre frisch geschlachtete Ware „in ganzen Stuecken“ an Huetten haengend zum Verkauf anbieten – diese typische „African Streetlife“ sorgt bei mir nicht mehr fuer unglaeubiges Staunen, da im Moment die Lodge-Einkaufsliste wichtiger ist. Waren es 5 oder 10 Kilo Rindfleisch, die ich besorgen muss?
Spaetestens seit ich mich mit Malawiern angefreundet habe, empfinde ich auch deren Doerfer nicht mehr als exotisch fremd. Die schilfbedeckten Lehmhuetten und einfachen Haeuser mit Wellblechdaechern, sind zu einer normalen Erscheinung geworden. Beeindruckend bleiben die stuermischen Begruessungen der Kinderhorden, wenn ich zu Besuch komme.
Peter wuerde diese Veraenderung vom „Exotischen“ zum „Normalen“ als Afrikanisierung bezeichnen.
Wo versteckt sich also das grosse Abenteuer einer Transafrikareise, fuer die angeblich so viel Mut erforderlich ist?
Auf Sicherheits- und Komfortaspekte bezogen, ist es aehnlich wie in Europa zu reisen. Ich kann von Campingplatz zu Campingplatz reisen und werde dort immer nen aehnlichen Standard und aehnliche Reisende wie in Europa antreffen. Nach 2 Monaten on the road bleibt die Erkenntnis, dass es Mut einzig und allein dafuer erfordert, die Reise zu beginnen.
Das schreibe ich wohlwissend, dass mir die schlimmsten Pisten der Reise in Nordkenia und Buerokratiewahnsinn im Sudan und in Aegypten noch bevorstehen :-)
Als Kfz-Meister war Peter so ne Art Beruhigungspille fuer etwaige technische Pannen. Spaetestens seit ich auf der Lodge arbeite, bin ich diesbezueglich wieder gelassener geworden, da es fuer jedes Problem eine afrikanische Loesung gibt. Afrikanische Loesungen zeichnen sich durch 3 Dinge aus:
Improvisieren, improvisieren, improvisieren.
Da kann es dann schon mal 2 Tage Arbeit bedeuten bis ne Toilettenspuelung wieder funktioniert, weil ich aus alten Autoschlaeuchen neue Dichtungen basteln muss. Nach vollbrachtem Werk hab ich mir dafuer ein Toilettendiplom verdient (Master of the Loo).
Gibt’s mal so schlimme technische Probleme an der BMW, dass eine komplette Motorradhaelfte entfernt werden muesste – was solls! Die afrikanische Loesung wuerde bedeuten vor die verbleibende Haelfte 2 Ochsen zu spannen – es koennen dann sogar noch ein paar Kilo Bananen transportiert werden.

Ich kann derzeit ueber eine deutsche Festnetznummer abends ab 18 Uhr in Malawi erreicht werden: 02241 917345. Wer mich anruft, fuer den entstehen nur die Kosten des Anrufs auf die deutsche Festnetznummer.
Gedankliche Gruesse
Bernd

Freitag, 30. Oktober 2009

Dienstantritt


Schluss mit lustig - ab jetzt wird gschafft! Ich habe meinen Dienst als Manager in der Lifupa Lodge angetreten. Die Lodge liegt mitten im 2.300 QKM grossen Kasungu National Park an einem kuenstlich angelegten See. 60 KM weg von der naechsten Ortschaft gibt es rund um den See nix, niente, nothing, als dichte Buschvegetation.


Ich hab ne Ausnahmegenehmigung die mir erlaubt im Park Motorrad zu fahren, sofern ich mich an 2 Regeln halte:
1. Beachtung der Vorfahrtsregeln.

Damit hab ich kein Problem. Schliesslich will ich nicht versehentlich eines der possierlichen Tierchen ueberfahren.
2. Helm ab bei der Fahrt durch den National Park - er schraenkt das Sichtfeld zu stark ein. Entlang der schmalen Pfade, umgeben von dichter Vegetation koennte ein Elefant ploetzlich neben mir stehen, ohne dass ich ihn bemerke. Die Dichkhaeuter bewegen sich auf riesigen Samtpfoten erstaunlich leise.
Beim Motorradfahren aus Sicherheitsgruenden den Helm abnehmen - auch mal was Neues!

Ich schlafe seit mehr als 50 Naechten im Zelt. Jetzt hab ich wieder ein Bett, und was fuer eines!
Wir haben in der Lodge 16 Chalets in traditioneller Rundhuettenbauweise mit Schilfdach.

Bis ich mein eigenes Apartement beziehen kann, bewohne ich eines der Chalets.
Morgens erhebt sich die Sonne als gluehender Feuerball hinter dem See. Ich beobachte den Sonnenaufgang gemuetlich im Bett liegend durch die riesige Glasfront des Chalets. Im Wasser lassen Hippos ihre massigen Koerper traege dahintreiben. Spaeter gesellt sich, wie taeglich um diese Jahreszeit, eine Herde Elefanten dazu.
Diese Szenerie ist allemal einen Eintrag in das Ranking der Toperlebnisse wert.

Ich sitze mit Thomas auf der Restaurantterasse, um meine Aufgaben zu besprechen:
Buchhaltung, Erledigung der Einkaeufe im 200 KM entfernten Lilongwe, Bedienung und Wartung der Generatoren (Strom gibts nur abends), Game Drives mit Gaesten, bei Walking Safaris hol ich mir nen bewaffneten Scout des National Parks dazu, kleinere Reparaturen, Koordinierung der Dienstplaene und Supervisor fuer die 15 Angestellten, und, und, und...
Wie oft werde ich in meinem Leben wohl noch dienstliche Besprechungen fuehren, bei denen manche Saetze vom maechtigen Bruellen der Nilpferde uebertoent werden und Baby-Elefanten hinter mir vergnueglich im Wasser plantschen?

Lust auf Malawi bekommen und vlt. noch n paar Tage Urlaub + n bischen Kleingeld uebrig?
Es gibt keine Direktfluege nach Malawi, dafuer interessante Zwischenstops in Nairobi, Addis Abeba oder Johannesburg. Ich wuerde mich ueber Besuche auf "meiner" Lodge freuen.
Und mein lieber Herr Gesangsverein - das Land und diese Lodge sind allemal eine Reise wert: Jetzt als ich grad ein paar handschriftliche Notizen fuer diesen Artikel mach, hat sich ne kleine Herde Elefanten entschieden, der Lodge nen Besuch abzustatten und marschiert vor meiner Nase im Garten herum. Was fuer ein faszinierender Anblick!
Dem ersten vertrauenswuerdigen Fruehbucher :-) stelle ich hier meine Monsterkuh kostenlos zur Verfuegung!
Meine malawische Handynummer: 00265 993 736618
Die Lodgenummer (auch Handy): 00265 999 768 658
Internetzugang werde ich die naechsten Wochen nur bei meinen Shoppingtouren in Lilongwe haben. Neue Tagebucheintraege + Mails beantworten kann daher etwas laenger als ueblich dauern.
Schwer schuftende Gruesse
Bernd

Montag, 26. Oktober 2009

Das warme Herz Afrikas


Diese Geschichte handelt davon, wie ein kaputtes Landrover-Getriebe es schaffte, meinen Afrikaplaenen eine voellig unerwartete Wende zu geben.
Aber der Reihe nach...
Bei Planung der Reise war Malawi fuer mich nicht mehr als ein Transitland, durch das ich in 2 Tagen durchrauschen wuerde. Jetzt werde ich mein jeweils 4 Wochen lang gueltiges Visum wohl noch 1 bis 2x verlaengern muessen.
Die Vielfalt dieses kleinen Landes trifft mich voellig unerwartet. Schwarzwaldatmosphaere im Luwawa-Forest habe ich bei langen Bushwalks mit den Hunden ja schon ausgiebig genossen. Zu entdecken gibt es noch Vieles:
Das Mulanja-Gebirge im Suedosten des Landes zum Beispiel. Das Granitmassiv mit dem 3.002 M hohen Sapitwa erhebt sich in dramatischen Formen ueber die Phalombe-Ebene. Oder die Teeplantagen in den Mulanje-Mountains, die Zuckerrohr- und Tabakanbaugebiete, kulinarische "Genuesse" in Form der hiesigen Spezialitaet gebratene Tausendfuessler, der maechtige Feigenbaum in Nkhotakota. David Livingstone verhandelte 1863 in dessen Schatten sitzend die Beendigung des florierenden Sklavenhandels rund um den Malawisee.
Apropos Malawisee: Kaum ein anderes Land wird so sehr von nur einem geografischen Feature wie dem 585 KM langen und bis zu 100 KM breiten See beherrscht. Er umfasst mit seinen tropisch anmutenden Straenden damit ein Fuenftel der Landesflaeche. Auch die Strassen Malawis bieten alles, was ich mir von Pisten in Afrika erhoffte und zugleich fuerchtete:


Dieses Gesamtpaket Malawi wird abgerundet durch die Freundlichkeit und Herzlichkeit der Menschen, welche dem Land den Beinamen "Das warme Herz Afrikas" einbrachten. In solch attraktiver Umgebung "erdreisten" sich gar andere Reisende mir mit besonderer Herzenswaerme zu begegnen.

Rosina + Graham sind mit Unterbrechungen seit 3 Jahren in Afrika unterwegs. Wir verquatschen die Abende am Lagerfeuer mit all den urkomischen, tragischen, beruehrenden und abenteuerlichen Geschichten, die lange Reisen so mit sich bringen.

Die besten Plaetze am Kaminfeuer im Haus sind meist leider schon anderweitig belegt.

Schweren Herzens und dankbar fuer die beeindruckenden Erlebnisse, habe ich die Luwawa-Forest-Lodge verlassen, nicht ahnend, dass ich 3 Stunden spaeter schon wieder hier sein wuerde.
Rosina + Graham waren frueher gestartet und standen 100 KM weiter mit einem kapitalen Getriebeschaden am Strassenrand. Im Kriechtempo, ich mit der GS folgend, sind wir zurueck zur Lodge, um dort 3 Tage auf ein neues Getriebe zu warten.
Da war mal wieder ein Punkt erreicht, an dem Peter vermisst wurde. Wir haetten "Mr. Landrover" nen grossen Hammer + ein paar Schraubenschluessel in die Hand gedrueckt und er haette das Getriebe an einem Tag gewechselt. Ihm ab und zu ein kuehles Bier zu bringen, haette den Prozess womoeglich noch beschleunigt.
Aber auch Ollie, der mit dem Getriebe aus Windhoek kam, erledigte den Job mit Hilfe von Graham und mir an einem Tag.
Und nur weil ich wegen des kaputten Getriebes mit zurueck zur Lodge kam, hat sich Dr. Thomas Schmalwasser ueber ein paar Umwege telefonisch bei mir gemeldet. Thomas ist Eigentuemer der Lifupa-Lodge im Kasungu-National-Park www.lifupa-lodge.com und sucht nach einem "Lodge-Manager" fuer die naechsten 4 Wochen, waehrend er in Deutschland ist.
Auch ohne Publikums-, oder FiftyFiftyJoker erraet wohl jeder, wer dieser Lodgemanager sein wird?

Ohne feste Reise- und Jobplaene nach Afrika zu kommen sorgte bei mir oft genug fuer innere Unruhe. Jetzt erlebe ich grade in eindrucksvoller Weise, welche Qualitaet diese flexible Art des Reisens hat. Wichtig ist lediglich genuegend Vertrauen darin zu entwickeln, dass sich das Richtige unterwegs schon finden wird - das kosmische Gesetz der Anziehung eben
Ich haette wirklich ein T-Shirt und vielleicht noch meine Zahnbuerste entsorgen sollen, um auf dem Motorrad Platz fuer das kaputte Getriebe zu schaffen. Ich haette es gern als Souvenir daheim gehabt.

Nach einem feudalen Abschlussgaladinner, hab ich mich von Rosina + Graham wie von jahrelangen Freunden verabschiedet. Jetzt lassen mich diese lieben Menschen mit einem Malawi-Reisefuehrer als Geschenk zurueck, mit einer Widmung versehen, die mich jedes Mal sehr beruehrt, wenn ich sie lese. See you again in England!!
Und ich trete morgen meinen Dienst in der Lodge an...

Ich hab mal im Reisetagebuch nachgeblaettrt und die Erlebnisse zusammengezaehlt, die hier bislang fuer eine Ueberproduktion an Glueckshormonen oder fuer ganz viel Gaensehautfeeling sorgten.
Die laufende Nr. 43 waere der Abend voll Spass und Lebensfreude mit Nathalie + Kim (Schon wieder Englaender, mit denen ich schon einige Tage auf einer Wellenlaenge liegend, verbring - Ich werd kuenftig wohl oefter Urlaub in England machen!)und Judith + Sandra + Isaac + Davis, die unerwartet mit geballter afrikanischer Froehlichkeit noch dazustossen.

Laufende Nr. 44 waere die kleine Prozession durch den Wald mit Nathalie + Kim + Sandra + Patrick und nem ganzen Stall voll kids zum sonntaeglichen Kirchgang. Sonntagtsmesse in Malawi bedeutet viel gute Laune, rhytmhische Musik mit Trommeln, singen und tanzen - definitiv ein Fall fuer die Abteilung Gaensehautfeeling.

Viele Gruesse
Bernd
Glueckshormonproduzent

Sonntag, 18. Oktober 2009

Bei Haensel und Gretel


Ich habe eine neue Bestleistung zu vermelden. Gestoppte Zeit bei der Abwicklung aller Formalitaeten an der sambisch malawischen Grenze: 15 Minuten.
Dazu keinerlei Kosten fuer die Einreise nach Malawi. Da freut sich das Schwabenherz.
Ich bin also in dem Land angekommen, in dem sich Popstars Kinder kaufen. Zu Madonnas Ehrenrettung sei erwaehnt, dass sie hier mehrere Millionen Dollar in den Bau von Krankenhaeusern, Schulen und Waisenhaeusern investiert hat.

Motorradfahren in Malawi ist sehr meditativ. Auf guten Teerstrassen gleite ich genussvoll durch die huegelige Savannenlandschaft.

Raum und Zeit verlieren an Bedeutung, nur das lebhafte streetlife in groesseren Ortschaften reisst mich kurzfristig aus den Phasen der Entspannung. Ich geniesse die "Meditationsfahrten" so sehr, dass ich mal wieder unfreiwillig gegen Regel Nr. 1 verstosse:
Fahre niemals nachts Pisten in Afrika!
Es daemmert schon, als ich den Abzweig zur Luwara Forest Lodge erreiche. Eine schmale, vom Regen ausgewaschene Lehmpiste mit tiefen Furchen fuehrt oestlich in Richtung bewaldeter Haenge, hinter denen der grosse Malawisee liegen muss. Ich komme mehrfach von der Hauptpiste ab und ende in Sackgassen mit meterhoch stehendem Gras. Bin ich noch auf dem richtigen Weg?
Keine Ahnung, ich stelle mich mal darauf ein, dass ich irgendwo wild campen muss was mir recht unangenehm ist, da ich nichts ueber das wildlife in Malawi weiss. Es koennte Loewen geben, oder gar schlimmer Springboecke!
In der einbrechenden Dunkelheit erkenne ich schemenhaft, dass die Buesche zu beiden Seiten der Piste dichter und hoeher werden, bis ich schliesslich von dicht beinander stehenden Baeumen umgeben bin. Ich nehme den Geruch von Eukalyptusbaeumen wahr und sehe im Scheinwerferlicht der GS hohe Pinien. Die Vorstellung nachts durch diesen Wald zu fahren, nicht wissend wohin der Weg fuehrt, sollte mich eigentlich erschrecken. Sie tut es allerdings kaum. Im Gegenteil! In aufgekratzter , entrueckter Stimmung schleiche ich mit der treuen BMW durch den mystischen Zauberwald. Die Atmosphaere ist maerchenhaft wie bei Haensel und Gretel.

Nur dass sich hier Bernd und seine Monsterkuh verirrten, um spaeter in voelliger Abgeschiedenheit tief im Wald doch noch auf ein Hexenhaeuschen zu stossen:
Die Luwara Forest Lodge.
Hier erwartet mich nicht etwa eine mordlustige Hexe, sondern wieder mal besonders herzliche Menschen. Statt weiter umherzuirren und eine unruhige Campingnacht im Wald zu haben, finde ich mich in einer kleinen, urgemuetlichen und liebevoll dekorierten Gaststube wieder. Mit George dem Eigentuemer seinem Sohn James und Alan, einem Tabakfarmer am knisternden Kaminfeuer zu sitzen, erzeugt das heimelige Gefuehl schuetzender Geborgenheit.

Die ganze Idylle dieses abgelegenen Paradieses erschliesst sich mir am naechsten Morgen. In huegeligem Gelaende, umschlossen von dichten Pinienwaeldern, liegt das mit viel Leidenschaft renovierte Farmhaus. Allein die Aussicht von der Terrasse bietet genuegend "Entertainment" fuer einige Ruhetage. Der Blick reicht ueber einen maechtigen Feuerbaum zum See bis hin zu den 2.000ern des Viphya-Plateaus.





Hoch oben auf dem Feuerbaum ist ein Netz aus dicken Seilen gespannt. Jeden Morgen zum Sonnenaufgang klettere ich hinauf, mummle mich in den Schlafsack, starre im Netz liegend auf den See und geniesse den Anblick von Voegeln in schillernden Farben, die sich nah herantrauen, wenn ich mich nicht bewege. Unforgettable!

Nein, ich bin wirklich nicht im Schwarzwald! Und endlich mal wildlife, mit dem ich keine Probleme hab. Die Schosshuendchen Chakra und Leon, von mir auch DPS-System (Dogs-Positioning-System) genannt, da sie mich bei ausgedehnten Buschwalks sicher zurueck zur Lodge navigieren.

Sandra und Patrick, das Angestellten-Ehepaar mit soooo viel Herzlichkeit laden mich ein, ihren freien Tag zusammen zu verbringen. Ich erkunde mit Patrick die Gegend auf der BMW. Er ist Motorradenthusiast - deshalb wechseln wir uns mit dem Fahren ab. Wir besuchen Bekannte von ihm in einem abgelegenen Dorf. Laut dem Dorfchef war noch nie zuvor ein Motorrad im Dorf. Er nimmt sich viel Zeit mir das Leben im Dorf nahe zu bringen, zeigt mir wie und wo Ziegen und Huehner gehalten werden, wo Mais gelagert wird und wie er zu Maismehl verarbeitet wird.
Vielfaeltige Eindruecke und Gefuehle haben ich hier in die Seele gebrannt!






In der Luwara Forest Lodge zu landen war ein Glueckstreffer - Schwein gehabt eben. So wie er hier:

Viele Gruesse
Bernd






Sonntag, 11. Oktober 2009

Der Rauch der donnert

Auch die Einreise nach Sambia war relativ schmerzfrei. Mit der Faehre ueber den Zambezi - Welcome to Sambia!
In einer Stunde waren alle Formalitaeten erledigt, unangenehm dabei nur die hohen Gebuehren (70 US$ fuer Visa und roadtax) und die sengende Hitze (Swakopmund ist zu kalt, Sambia ist viel zu heiss. Ja so isser halt der deutsche Touri als solcher. Immer was zu meckern). Ich stand schon kurz davor aus den Behoerdenklauen entlassen zu werden, als noch jemandem einfiel, dass man mir noch ne Kfz-Versicherung aufs Auge druecken muesse. Das war dann aber doch a bisserl zu viel fuer den Schwaben aus Ueberzeugung und ich hab den altbewaehrten Blutspendeausweistrick gezogen:
Die Jungs mit irgendeinem offiziell aussehenden Dokument davon ueberzeugen, dass dies genau die erforderliche Versicherung ist. Blutspendeausweis war grad nicht zur Hand, mein Allianz-Schutzbrief hats aber auch getan. Das dicke Heftchen mit bunten Bildern und viel Kleingedrucktem in deutsch ging problemlos als Kfz-Versicherung durch. Zum Glueck Allianz versichert!

"Bei einem solch wunderschonen Anblick wie diesem, stoppen Engel in ihrem Flug, um hinunterzustarren". Das schrieb der Entdecker David Livingstone in sein Tagebuch, als er die Victoriafaelle 1855 erstmals sah. Um diese Jahreszeit sind die Faelle leider nicht ganz so beeindruckend wie kurz nach der Regenzeit. Dafuer ist es moeglich ueber die trockenen Flussbaenke bis ganz an die Klippen heranzugehen, ueber die der Zambezi hinunterdonnert, um tief unten beim Aufschlag eine riesige Gischtwolke zu erzeugen. In der Kololo-Sprache heissen die Faelle Mosi-oa-Tunya. Der Rauch der donnert!


Ein Reisetag in Afrika bietet viele Eindruecke, er bringt schoene und weniger schoene Erlebnisse mit sich. Die Herausforderung des Alleinreisens besteht darin, die Eindruecke allein "auszuhalten", sie nicht mit einem Anderen teilen zu koennen. Hier fehlen mir vor allem die messerscharfen Analysen von Peter.
Die abendlichen Gespraeche mit anderen Reisenden bieten da keinen gleichwertigen Ersatz. Sie bleiben meist oberflaechlich.
Ich habe deshalb meine Kommunikationstaktik geaendert. Pausen mache ich jetzt bewusst in Doerfern, um mit den "Locals" ins Gespraech zu kommen. Sambia ist ideal fuer diese geaenderte Taktik.
Das Land ist teuer, die Menschen sind unfreundlich und korrupt. So weit meine Vorurteile. Das ganze Land scheint mich nun eines Besseren belehren zu wollen.
Bei Trink- und Essenspausen produziere ich keine Menschenauflaeufe - sehr unafrikanisch. Die Menschen sind zurueckhaltend, meist geh ich auf sie zu mit dem Vorteil, nicht die ueblichen Fragen nach dem woher, wohin, wie schnell laeuft das Motorrad, gestellt zu bekommen, sondern selbst mehr vom Leben der Menschen zu erfahren. Das fuehrt zu Gespraechen mit wahrer Freundlichkeit, Herzlichkeit und ehrlich gemeinten guten Wuenschen zur Verabschiedung. Auch die zunaechst grimmigen Polizisten lassen sich lieber auf ein freundliches Gespraech ein, statt mir eine Geldbusse aufzubrummen. Ich hatte in der Oeffentlichkeit geraucht, nicht wissend, dass dies in Sambia verboten ist.



Die Freundschaft mit den Sambiern muss ja nicht gleich so weit gehen, dass ich deren seltsame Innereien von seltsamen Fischen esse.

Trotz bitterer Armut und Abhaengigkeit von Weltbank und internationalen Hilfsorganisationen, scheint die Nation ueber ein gesundes Selbstwertgefuehl zu verfuegen. Wohl eine gute Basis fuer eine bessere Zukunft!
So sehen das auch grosse auslaendische Konzerne, die mehr und mehr im Land investieren. Dies fuehrt aber auch zu recht pervertierten Stilblueten. In Sambia sind luxurioese Lodges entstanden, die u.a. GameDrives durch Doerfer anbieten, also Pirschfahrten zur Menschenbeobachtung, selbstverstaendlich ohne aus den klimatisierten Bussen auszusteigen - die bettelarmen Menschen koennten ja Boeses im Sinn haben!

Es ist wie immer im Leben. In einer positiven Grundstimmung dem Land gegenueber faellst es leichter selbst zwiespaeltige Dinge positiv zu bewerten. So ist die lange Fahrt ueber eine Rumpelpiste keine Qual, ich empfinde es vielmehr als etwas Faszinierendes, beinahe Mystisches, wenn mich entgegenkommende LKW's in eine riesige rote Staubwolke huellen.

Und dann haette ich im Auftrag der sambischen Gefluegel-Vereinigung noch bekannt zu geben:
Esst zum Wohle Eurer Gesundheit jeden Tag ein Ei!

Viele Gruesse
Bernd
Eiesser